Ibanez AW417CWE-OPS

Es gibt nur wenige für Otto Normalverbraucher bezahlbare Westerngitarren mit 48er Sattelbreite. Ja, es gibt welche von Taylor, Furch, Lakewood usw. jedoch zwei bis dreimal so teuer wie diese Ibanez hier.

Ich war auf der Suche nach was bezahlbarem mit Pickup als Fingerpicking-Live-Gitarre und und wurde fündig bei Ibanez aus dem aktuellen Sortiment (2021). Gekauft beim großen T für ein bisschen unter 500 Euro. Alternativ bietet der große T für die Hälfte der Kohle eine Harley Benton ( klick) an. Hab mich aber nicht getraut sie zu kaufen aus Angst vor Enttäuschung!
Die Lieferung war superschnell und voller freudiger Spannung packte ich die AW417 aus. Es ist eine mächtige, dabei aber leichte Dreadnaught und es ist alles dran was man braucht: Ausgang als Klinkenbuchse plus xlr ausgeführt – also direkt ohne DI-Box ans Pult anschließbar – sehr gut! Gurtpin ebenso vorhanden wie ein Tonabnehmersystem von Ibanez inklusive Tuner. Dieser ist im Vergleich mit meiner Händi-Äpp von Boss hinreichend genau. Will sagen für meine Ohren gut genug!
Der erste optische Eindruck war positiv bis auf das sehr trockene Griffbrett und ebenso die trockene Stegplatte.
Die vollmassive Gitarre sieht sehr schlicht aus aber nicht billig. Die weiteren specs sind beim großen T zu finden (klick). Die Saitenlage war okay und der natürliche Klang ist so lala! Je nachdem, was man so gewohnt ist! Ich will da nicht meckern – ich kenne teuere und billigere Gitarren. Mehr Fülle wäre wünschenswert aber der Klang entwickelt sich ja noch -mal sehen.
Beim Aufsetzen des Capos am zweiten Bund blieb die hohe E Saite plötzlich hängen. Sie klemmte unter dem 4. Bundstäbchen. Aus ihrer Falle befreit und am dritten Bund gedrückt nur ein scheppernder Klang. Aha! Nun landete die Ibanez  zur Untersuchung auf meinem Werktisch.

Unter die Bundenenden mehrerer Bundstäbchen passte locker ein Stück Papier. Das liegt sicher auch an der Form der Bünde, die an beiden Enden Aussparungen für das Binding haben. Aber so viel, dass die E-Saite hängen bleibt, sollte es nicht sein.
Mit dem „Fretruler“ (auf drei Bünde aufsetzen und wenn es dann kippelt…) stellte sich heraus, dass die nicht gleich hoch waren!
Also die Saiten mussten nun runter und bei der Überprüfung des Griffbretts zeigte sich, dass es nicht ganz gerade war, sondern sich etwas zur Kopfplatte hin neigte. Das muss nicht schlimm sein, denn wenn der Saitenzug dazu kommt wird der Hals ja wieder hochgezogen. Doch es braucht in der Mitte des Halses auch Raum, damit die Saiten schwingen können. Deshalb fange ich beim Setup lieber mit einem geraden Hals an. Zwei viertel-Drehungen an der Einstellschraube und gut wars!

 

Bevor ich an den einzelnen Bünden rumfeile dachte ich mir, dass die Bünde werksseitig vielleicht nicht sorgfältig und fest genug eingesetzt wurden – was ich mit der brutalen Holzhammermethode ausprobierte. Dies führte ich bei allen Bünden die zu hoch waren durch, mit dem Ergebnis, dass nur der 4. Bund, bei dem es vorher schon gescheppert hatte, etwas mit der Bundfeile nachgearbeitet werden musste, denn er war im Bereich der beiden hohen Saiten immer noch etwas zu hoch. Polieren mit Stahlwolle und noch mal prüfen und dann Fretboard Oil auf das Griffbrett und die Stegplatte und einziehen lassen.
Dann kommen wieder Saiten drauf. Bei der Gelegenheit will ich die Plastikpins gleich durch knöcherne ersetzen – soll ja angeblich den Klang verbessern und da habe ich in diesem Fall nichts dagegen! Doch leider passen meine Pins nicht, denn Ibanez verwendet die dünnere Variante. Das kostet in diesem Fall knapp 19 Euro extra – die wahrscheinlich eine gute Investition sind.
Also nehme ich erst mal die alten Pins wieder her und auch die originalen Saiten und baue später um. Fertig!
Beim Anspielen ist nun alles gut – die Fehler sind beseitigt. Wenn die neuen Pins geliefert sind wird die Stegeinlage noch etwas abgefeilt, denn die Seitenlage darf ruhig noch eine Nuance sportlicher werden. Fürs Fingerpicking mag ich es aber eh nicht zu flach!

Resümee:
Eine Gitarre online zu bestellen ist natürlich immer ein Risiko. Doch was erwarte ich? Eine perfekt eingestellte Gitarre? Dazu habe ich wohl schon zu viel mit Gitarren erlebt. Selbst als ich meine teure Lakewood im Laden gekauft habe, mussten die mir dort die Saitenlage nachstellen, was okay ist, denn man kann es nicht jedem „ab Werk“ recht machen – allerdings war der Rest der Lakewood perfekt inklusive des Klangs.
Wenn ich mir nicht selbst hätte helfen können, hätte ich die Ibanez trotz des Aufwands wohl zurückgeschickt. Mit etwas Glück wäre dann die nächste besser gewesen, oder aber auch nicht! Kann man einfach nicht sicher sagen.
Nun bin ich zufrieden und spiele sie und warte darauf, dass sich der Klang entwickelt.
Was allerdings wirklich nicht sein muss sind die schlecht eingesetzten Bünde und der trockene Hals mit dem feinen Staub neben den Bünden – aber vielleicht liegt ja beides daran, dass diese Gitarre schon seit zwei, drei Jahren trocken beim Händler herumliegt, denn diese wide-neck-Modelle werden ja eher seltener verkauft.