Hoyer 2062

Meine zweite Hoyer wurde recht lange bei Ebay-Kleinanzeigen angeboten. Sie wurde im Rahmen einer Haushaltsauflösung im verschlafenen Städtchen Pappenheim an der Altmühl verkauft. Ich glaube ich habe sie im März 2022 von dort gerettet, denn sie stand in einem modrigen Kellerraum, was ihr sicher nicht gut getan hat. Da es über diese Gitarren so gut wie nichts außer der Firmengeschichte zu finden gibt, bitte ich hiermit die Sammlergemeinde um jede erdenkliche weitergehende Information zu den Westerngitarren der 60er und 70er Jahre. Natürlich freue ich mich auch, wenn jemand etwas über meine Jumbo mitteilen kann.
Ob es es tatsächlich eine 2062 ist, verrät die Gitarre an keiner Stelle. Ich nehme es aber stark an, da ich entsprechende Fotos im Netz gefunden habe.
Das Alter ist, mangels Informationen auch nur zu schätzen – wohl irgendetwas zwischen 1965 und 1975.

Die Fotos zeigen den Zustand indem ich sie übernommen habe. Sie war schmutzig und roch nach altem Keller. Die Bünde sind recht flach und etliche locker. Die Mechaniken drehen noch, teilweise jedoch schwer. Der Lack auf der Vorderseite hat altersbedingte Risse, was bei dem verwendeten Nitrolack ziemlich normal ist. An den Zargen sieht es genauso aus, während sich der Lack am Boden großflächig ablöst. Die aufwändige Saitenaufhängung ist auf die Decke aufgeschraubt und könnte so auch auf einer Solidbody E-Gitarre zu finden sein. Die Decke ist dennoch schön flach und hat sich durch den Saitenzug nicht gewölbt. Die Inspektion mit dem Spiegel durch das Schalloch zeigte einen weitgehend sauberen Innenraum. Den Meteor-Tonabnehmer habe ich abgeschraubt und mit sanft tastenden Fingern alle Leisten an Boden und Decke überprüft. Die sitzen alle schön fest – zumindest das ist positiv.

Nach der Entfernung der rostigen Restsaiten und einer groben Säuberung habe ich den Halsstab freigelegt. Um den zu drehen braucht es einen passenden Schlüssel. Hier ging es mit einem 6er Ringschlüssel. Drehen lässt er sich glücklicherweise – was wichtig ist, denn der Hals ist zwar gerade aber gewölbt. Ich hoffe, dass er sich einstellen lässt. Anders, als bei den meisten Westerngitarren ist der Hals auf einem großen Holzklotz im Korpus befestigt (zu sehen auf dem Foto durch das Schalloch mit dem „Tapetenmuster“)

Das war die Erstinspektion und das Ausmaß der Baustelle erscheint ziemlich groß aber irgendwie machbar, samt Neulackierung des Bodens. Ich freue mich auf die Erfahrungen, die ich sicher machen werde, wenn die Lady auf dem OP-Tisch liegt.

Ich konnte es nicht lassen und schon am nächsten freien Tag legte ich die Jumbo auf den Arbeitstisch. Das war dann Inspektion Teil 2.
Ergebnisse: Der Schaden am Lack ist größer als zuerst gesehen. Der Lack auf der oberen Zargenmulde ist zwar noch nicht gebrochen, jedoch hat er sich abgelöst – eine Luftblase hat sich gebildet. Meine Idee, nur den Rücken neu zu lackieren, reicht wohl nicht – ehrlich gesagt weiß ich nicht mal ob das überhaupt geht lediglioch die Rückseite zu schleifen und zu Lackieren. Wie würde dann der Übergang am Binding aussehen, oder müsste ich das ablösen und nach dem Lackieren neu anbringen? Da kommt viel neues auf mich zu.

Doch zunächst demontierte ich mal die Mechaniken, um sie zu reinigen und zu fetten. Was oben wie eine flache Mutter aussieht und was ich auch von anderen Gitarren kenne ist hier aber eine getarnte Einschlaghülse. Ein paar Spuren meines Steckschlüssels erinnern an meinen Versuch das zu lösen.
Die Welle der D-Saitenmechanik hat wohl bei einem Umfaller einen Schlag abbekommen, sie eiert ein bisschen. Obwohl ich alle gleich nachgestellt habe drehen die einzelnen Mechaniken deutlich unterschiedlich schwer. Naja, sind ja auch schon alt – aber sie halten einigermaßen die Stimmung.
Als nächstes war die die eher Saitenaufhängung auf der Decke an der Reihe. Beim Abbauen fand sich ein massiver Metallblock auf der Innenseiten mit dem das lackierte Messingtop verschraubt war. Nachdem eh schon der Lack ab war, beseitigte ich die Reste und polierte das Messingende. Da beim Spielen da wohl immer wieder die vor Aufregung feuchte Hand des Gitarristen ruht würde der Lack eh wieder verschwinden.
Das Griffbrett wurde nun mit dem Ringschlüssel nachgestellt, bis der Fretboard-Ruler schön gleichmäßig auflag, sprich der Hals gerade war. Ein paar Umdrehungen waren nötig. Die Bünde sind schon sehr flach und die meisten haben sich an den Enden gelöst. Eine Neubundierung steht an. Wenn ich das beim Gitarrenbauer machen lasse zahle ich 250 bis 300 Euro. Wenn ich es selber machen möchte, dann muss ich Werkzeug für mindestens 400 Euro kaufen!
Jeder, der mich kennt, weiß auf was das hinausläuft! Grins!
Ich werde sicherlich viel dabei lernen.
Natürlich wollte ich eine Vorstellung davon bekommen wie die alte Jumbo klingt. Deshalb habe ich einen Satz gebrauchte Saiten aufgezogen. Und ja – sie ist warm und weich hat Bässe und sanfte Höhen – sehr ausgewogen!
Die Hoffnung darauf, dass sich der ganze Aufwand rentiert wird stärker!