JVC GY-HM150E

Warum ich im Jahr 2025 einen Camcorder bewerte, der 2012 bei uns in den Handel kam und den ich bereits seit 2013 besitze? Wie an anderer Stelle hier gesagt geht es nicht darum, ob dieses Gerät mit den vielen neueren in irgendeinerweise mithalten kann, sondern darum, ob man ihn immer noch für die medienpädagogische Praxis verwenden kann.
Ich mache es kurz: Ja, man kann. Im folgenden die Gründe, die zu meiner Meinung führen.

1. Alles dran was man braucht
Der JVC GY-HM-150 E ist als Prosumergerät auf den Markt gekommen und wurde als Profigerät beworben. Das liegt vor allem an der Ausstattung: integriertes Lens Cover, ND-Filter, XLR Audioanschlüsse, 2 SD-Karten Slots, viele Knöpfe für direkten Zugriff, darunter diverse Usersettings, Klappdisplay, optischer Sucher – das klingt nach professionellem Anspruch und das ist auch der Grund, warum ich ihn mir damals für circa 2500 Euro neu gekauft habe. Ein großer Schwachpunkt ist das Display, das relativ klein ist, wie der gesamt Camcorder, aber leider auch nicht hoch auflösend und noch dazu sehr blickwinkelabhängig. D.H. man muss es immer etwas drehen um es richtig sehen zu können. Immerhin zur Bildausschnittkontrolle und zum Ablesen der Einstellungen reicht es aus. In der Praxis führt das direkt zur ersten Abwertung durch Personen, die den Camcorder zum ersten mal in der Hand halten. Intuitiv denkt man, dass die Qualität des Bildes auf dem Display identisch mit der Ausgabequalität ist. Zum Glück stimmt letzteres hier nicht!

2. Größe und Gewicht
Das Ding ist schnuckelig klein! So kann man es ohne großen Kraftaufwand lange in der Hand halten, auf einen Gimbal montieren oder auf einen kleinen Slider. Kinder können ihn locker herumtragen und benutzen. Man kann ihn auch als Zweitkamera irgendwo im Set verbergen, man kann ihn auf ein Einbeinstativ montieren und aus großer Höhe damit filmen oder ihn aus dem Fenster schwenken und, und, und….
Nachteil ist das die Knöpfe auch entsprechend klein sind und für dicke „Wurschdfinger“ eine Herausforderung darstellen können.

3. Bildqualität
Da gibt es zunächst mal den 3 Chip Sensor, der schon beim Erscheinen veraltet schien, denn die meisten Camcorder verwendeten damals schon einen CMOS-Sensor. Mehr dazu und mehr zu der sonstigen Technik auf der Testseite von slashcam <klick>. Die Auflösung von Full HD und 50i oder 25p reicht auch heute noch für professionelle Webanwendungen oder Filmpräsentationen z.B. in der Jugendarbeit. Aufgezeichnet wir in mp4 was von alen Schnittprogrammen akzepiert wird. Welche Bildqualität möglich ist zeigt ein weiteres Youtube-Video <klick>. Ein Schwachpunkt der Kamera ist allerdings die Lowlight-Fähigkeit: Wenn es zu dunkel wird, dann grieselt das Bild beträchtlich.

4. Handling
Hier liegt der große Vorteil der Kamera – sie ist ein echtes Shoot & Run Gerät. Ohne viel Aufwand lassen sich Interviews, Reportagen, Dokus damit drehen. Der kleine Sensor ist kaum für Hintergrundunschärfe geeignet sondern stellt meist alles, von vorn bis hinten, scharf – Kinofeeling entsteht also nicht. Doch durch das geringe Gewicht kann man Kinder, nach einer nur kurzen Einweisung, mit der Kamera losschicken. Okay, es kann passieren, dass sie zurückkommen und alles, was sie aufgenommen haben ist viel zu dunkel – dann haben sie nämlich am ND-Filter rumgespielt. Manchmal geht die Kamera auch gar nicht, dann haben sie den integrierten Objektivschutz nicht aufgemacht und wenn kein Licht ins Objektiv kommt gibt es auch kein Bild!  Aber ansonsten ist die Chance groß, dass sie mit brauchbarem Material zurückkommen. Allerdings, ein weiterer Nachteil, es gibt zwar einen Bildstabilisator, doch der verdient seinen Namen nicht wirklich. Man muss den Camcorder „richtig“ halten.: Stabile Bilder entstehen dann, wenn man den Camcorder auf die rechte flache Hand legt, das Display aufklappt und mit der linken Hand am Displayrand stabilisiert und von dort den Start/Stoppknopf betätigt.

5. Lernen
Der kleine JVC ist super um den Umgang, auch mit einer späteren Profikamera zu erlernen. Die oben genannten „Specs“ führen richtig eingesetzt nämlich zu einem tollen Ergebnis. Das ist für mich eine wichtige Erkenntnis: man kann mit diesem Camcorder wachsen! So kann man mit dem Automatikmodus starten und nach und nach die Profifunktionen bei Bedarf dazunehmen und lernen mit der Blende zu spielen und den Wert eines eingebauten ND-Filters zu erkennen.

6. Verfügbarkeit und Gebrauchtpreise
Es gibt auch noch das Vorgängermodell die HM 100, die sich nur wenig unterscheidet und schon gar nicht in der Bildqualität und leider auch nicht beim Display. Auffälligste Unterschiede sind das geänderte Menü bei der HM 150 und das seperate Rädchen für den direkten Zugriff auf die Blendeneinstellung. Mittlerweile habe ich drei 150er und drei 100er für die Arbeit mit Gruppen, oder wenn ich mal ein Mehrkamerasetting bei einer Dokumentation verwende. Alle gleich eingestellt und schon habe ich viele Blickwinkel und Perspektiven in einem Aufwasch. Beide Modelle kosten gebraucht zwischen 400 und 800 Euro, je nach mitgeliefertem Zubehör (Stand 11/2025). Mehr als 500 Euro würde ich aber nicht bezahlen. Man findet fast immer ein paar Angebote auf den entsprechenden Plattformen. Ersatzakkus sind ebenfalls preisgünstig zu haben. Ich finde, die die kleinen JVCs sind immer noch eine Überlegung wert!